Verschwendung bekämpfen – die Rolle der Gesetzgebung

von | 13. Sep 2021 | Hintergründe | 0 Kommentare

Im Sommer 2020 hat die Verbraucherzentrale NRW anlässlich einer Anhörung des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft eine Stellungnahme zum Thema „Lebensmittelverschwendung stoppen” veröffentlicht. Der Titel der Stellungnahme lautet „Lebensmittelverschwendung erfolgreich eindämmen – Ziele und Maßnahmen gesetzlich regeln“, und damit ist die Hauptbotschaft schon benannt: Ohne gesetzliche Weichenstellungen wird es nicht gelingen, die systematische Verschwendung wertvoller Lebensmittel wirksam zu bekämpfen.

Dem schließen wir von The Good Food uns voll und ganz an. Deshalb sind hier einige wichtige Aussagen aus der Stellungnahme für euch zusammengefasst. Es lohnt sich aber auch sehr, das Dokument ganz zu lesen – es sind nur 6,5 Seiten, voll mit Hintergrundinfos und guten Anregungen.

Die Verschwendung ist systemimmanent

Ganz wichtig: Wir haben es mit systemischen Missständen zu tun, die deshalb auch im System selbst bekämpft werden müssen. Eine große Rolle spielen die großen Handelsketten und Hersteller. Denn sie können unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen beträchtlichen Druck auf die Erzeuger ausüben.

Sie kaufen Rohstoffe möglichst kostengünstig ein – im Inland und dank globalisierter Märkte auch international – und diktieren dabei vielfach die Preise.

Gleichzeitig tragen sie maßgeblich dazu bei, dass Lebensmittel überproduziert werden. Denn die Handelsketten haben den Anspruch, zu jeder Jahres- und Tageszeit eine riesige Auswahl an Produkten anzubieten. Die Lebensmittel müssen zudem bestimmten von ihnen definierten „Qualitätskriterien“ entsprechen, die sich oft auf rein äußerliche Merkmale beziehen. Zu kleine Kartoffeln oder zu krumme Möhren fallen dabei durchs Raster oder werden gar nicht erst geerntet.

„Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW ist es ökonomisch und ökologisch nicht zukunftsfähig und gesellschaftlich nicht akzeptabel, verzehrfähige Lebensmittel wegen optischer Mängel oder zu geringer Erlöse zu vernichten.“ 

Damit das Überangebot an Lebensmitteln immer zur Verfügung steht, müssen die Landwirte mehr produzieren, als verbraucht wird, und dabei Energie, Wasser, Bodenfläche etc. verschwenden. Nur so können sie die vereinbarten Mengen liefern. Nicht den vorgegebenen Kriterien entsprechende Erzeugnisse werden vorher aussortiert und vernichtet. Dieses Vorgehen ist von Anfang an mit einkalkuliert und wird am Ende von den Verbraucher:innen mitbezahlt. Und es geht natürlich massiv auf Kosten der Umwelt.

Weitere Praktiken, die zu Lebensmittelvernichtung im großen Stil führen:

Auch Waren mit „Mängeln“ wie falsch bedruckten oder beschädigten Verpackungen oder zu viel/zu wenig Gewicht (etwa bei Pizzen) kommen gar nicht erst in die Regale.

Sogenannte „MHD-Ware“, also Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum, werden meist, wenn überhaupt, nur noch in unattraktiven „Grabbelkisten“ angeboten. Dabei sind die Waren meist noch lange hervorragend genießbar und dürften auch weiter verkauft werden. Man muss nur auf das abgelaufene MHD hinweisen, wie wir bei The Good Food es tun.

Deutschland hat eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, aber …

Im Rahmen eines Beschlusses der Vereinten Nationen hat unter anderem auch Deutschland unterschrieben, dass es bis 2030 die Lebensmittelverschwendung halbieren will. Die Frage ist allerdings, wie das geschehen soll. Es fehlt allein schon an verlässlichen Daten, die systematisch erfasst und analysiert werden müssten. Das ist ein großes Problem!

Ein Beispiel: Sogenannte „Vorernteverluste“ tauchen überhaupt nicht in den Statistiken zu Lebensmittelverschwendung auf. Das ist zum Beispiel ein Feld voller Salat, der untergepflügt wird, weil der Händler ihn doch nicht abnehmen möchte. Aber der Umwelt und dem Klima ist es egal, ob Verschwendung vor oder nach der Ernte stattfindet. Siehe dazu auch das Interview mit Stefan Kreutzberger in diesem Blog.

Wie die „Schuld“ den Verbraucher:innen zugeschoben wird. Das Problem mit den Studien

 

Es braucht also erst einmal den Willen, den Status-Quo bei der Verschwendung systematisch nachvollziehbar zu machen, um auf dieser Basis Verbesserungs-Strategien erarbeiten zu können. Bisher ist davon nicht viel zu sehen: Die Bundesregierung setzt auf allgemeine Appelle und Freiwilligkeit – das ist auch Stand heute, September 2021 noch so. Doch dadurch lässt sich das Ziel der Halbierung von Lebensmittelverlusten bis 2030 nicht erreichen.

Mehr Wertschätzung auf allen Ebenen

Außerdem sollte die Wertschätzung von Lebensmitteln bei allen Akteur:innen und auch in der Bevölkerung ausgeprägt sein. Bildungsinitiativen könnten schon in Kitas und Grundschulen mehr Wissen in diesem Bereich vermitteln.

Auch wir von The Good Food bleiben natürlich dran und informieren weiter zu diesem wichtigen Thema! 😊

PS: Wie gesagt, lest gerne auch die ganze Stellungnahme. Lohnt sich!

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