Etwa 100 Ehrenamtliche engagieren sich bei The Good Food. Hier könnt ihr uns besser kennenlernen: Im Blog stellen wir euch in loser Folge Mitglieder unseres Teams vor. Diesmal haben wir mit Florian gesprochen. Er hat bei The Good Food schon viele verschiedene Aufgaben wahrgenommen, die sich auch danach richten, wie viel Zeit ihm die Schule lässt: von Bauerntouren über Lastenrad-Fahrten und Backwaren-Abholungen bis hin zur tatkräftigen Lagerarbeit. Im Interview erzählt er genauer, wie und warum er sich bei The Good Food engagiert.
Florian, was ist deine Motivation, bei The Good Food mitzuarbeiten?
Seit mir klar ist, welche Mengen an Lebensmitteln im Müll landen, möchte ich etwas dagegen tun. Ich bin im Sommer 2018 auf das Thema aufmerksam geworden: Da war ich mit meiner Mutter in Griechenland und habe völlig intakte Limo-Packs in einem Müllcontainer gefunden. Meine Mutter erzählte mir daraufhin, dass auch in Deutschland wahnsinnig viele Lebensmittel weggeworfen werden und dass zugleich Menschen fürs Containern verurteilt werden. Da bin ich hellhörig geworden. Ich habe mich im Web zu dem Thema informiert und bin dabei auch auf den Laden von The Good Food gestoßen – der glücklicherweise sogar in meiner Heimatstadt Köln liegt! Erst war ich dort als Kunde, seit dem Sommer 2019 bin ich selbst Teil des Teams.
Du gehst noch zur Schule. Wir koordinierst du The Good Food und den Schulbesuch?
Das stimmt, ich bin in der 12. Klasse einer Gesamtschule und mache 2022 Abitur. Zuerst war ich nur in den Schulferien für The Good Food aktiv: In den sechs Wochen Sommerferien bin ich regelmäßig mit auf Bauerntour gefahren, in den Winterferien habe ich Bäckerei-Abholungen gemacht. Danach war ich immer wieder sporadisch dabei. Jetzt kann ich die Lockdown-Zeit sinnvoll verwenden, um wieder mehr zu machen. Wir haben Online-Unterricht, aber viele Unterrichtsstunden fallen aus, und ich habe dadurch mehr Zeit und Energie für The Good Food. Im Moment bin ich vor allem als „Lager-Mensch“ aktiv, und ich gehöre zum Team, das die Backwarentouren koordiniert.
Was macht denn ein „Lager-Mensch“?
Unser großes Lager mit haltbaren Lebensmitteln muss regelmäßig sortiert und in Schuss gehalten werden. Das machen im Moment vor allem der andere „Lager-Mensch“, Bernd, und ich.
Viele Hersteller überlassen uns Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bald erreicht oder abgelaufen ist. The Good Food organisiert und bezahlt eine Spedition, die die Lebensmittel in unser Lager bringt. Wenn ein LKW mit neuer Ware eingetroffen ist, hat man zu zweit fast den ganzen Tag zu tun. Eine Lieferung kann 33 Paletten enthalten. Die stapeln wir mit dem Hochhubwagen ab und platzieren sie so, dass alle, die mit dem Lastenrad Nachschub für die Läden holen, gut drankommen. Da das Lager ohnehin immer gut gefüllt ist, muss man dafür Paletten umstapeln und hin und her verschieben, damit alles den richtigen Platz findet.
Manchmal bekommen wir so viel von einem Produkt, dass wir einen Teil davon tauschen: mit anderen Lebensmittelrettern wie zum Beispiel der „Fairteilbar“ in Münster oder den „Gewissenbissen“ in Sachsen. Sie geben uns dafür etwas, wovon sie zu viel haben, und dadurch haben beide Seiten noch mehr Auswahl. Auch für die Tauschaktionen müssen natürlich die Paletten gepackt, auf den Weg gebracht und Lieferungen entgegengenommen werden.
Was beeindruckt dich in deiner Arbeit bei The Good Food besonders?
Überwältigend finde ich vor allem, wie viele Lebensmittel täglich im Müll landen. Das fällt mir besonders bei den Bauerntouren auf. Zum Beispiel haben wir einmal Wassermelonen gerettet, die eine Handelskette aussortiert hatte. Die Melonen waren einwandfrei, aber sie waren zum Stückpreis verkauft worden, so dass die kleineren übrig blieben, quasi als unverkäuflich galten. Andere Beispiele, an die ich mich erinnere: Radieschen, die ein paar Wurzeln hatten, oder Limetten, die palettenweise weggeworfen werden sollten, nur weil jeweils etwa fünf Früchte nicht mehr gut waren. Diese Mengen, die wegkommen, und aus welchen Gründen! Die Lebensmittel werden mit viel Ressourceneinsatz produziert, um die halbe Welt geschippert, und dann weg damit. Das macht mich traurig.
Schön, dass wir so große Mengen retten, aber schlimm, dass es überhaupt dazu kommen kann, weil unser auf Profitmaximierung ausgelegtes Wirtschaftssystem diese großen Müllmengen produziert. Das Problem fängt ja schon damit an, dass der Hersteller umso mehr Ware verkauft, je mehr der Supermarkt wegwirft. Ob unser aktuelles Wirtschaftssystem unter ökologischen und sozialen Aspekten noch tragbar ist, das stelle ich klar in Frage.
Deshalb freut es mich, dass bei The Good Food ein alternatives Wirtschaften möglich ist, wenigstens im kleinen Maßstab.
Dazu gehört auch unsere Bezahlmethode, das „Zahl, was es dir wert ist“-Prinzip
Genau. Diese Zahlmethode hat mich damals als Kunde erst einmal total überfordert. Aber dann fand ich es gut, mich auf ganz neue Weise mit dem Wert von Lebensmitteln befassen zu müssen. Wie kann man den Wert von einem Kilo Kartoffeln in Zahlen packen? Wie aussagekräftig ist dabei der Preis, der mit ihnen zu erzielen ist? Die Kartoffeln, die im Müll landen, haben in diesem System keinen Wert, dabei könnte man mit ihnen theoretisch ganze Städte ernähren. Dazu kommt: Durch unsere Überproduktion steht global weniger Ackerfläche zur Verfügung, und deshalb verschärft sie auch den Hunger in anderen Teilen der Welt.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in deinem Privatleben?
Das Thema ist mir auch sonst sehr wichtig. Ich war bei Fridays For Future und bin in meiner Schule im Umweltausschuss, der aus insgesamt 15 Schülern, Eltern und Lehrkräften besteht. Wir verfolgen verschiedene Projekte, um die Schule nachhaltiger zu gestalten.
Ich fliege nicht mehr, esse kaum noch Fleisch und kaufe möglichst wenig neu. Mein alter PC tut’s noch, also verwende ich ihn weiter, und auch meine Kleidung ist großteils gebraucht. Meine Mutter denkt ganz ähnlich. Sie verkocht immer die leckeren Sachen, die ich von The Good Food mitbringe, und auch sonst kaufen wir viel Ware mit abgelaufenem MHD.
Gibt es noch eine Botschaft, die dir wichtig ist?
Da fällt mir tatsächlich was ein (lacht). Mein Appell ist: Esst mehr Muffinköpfe! Die retten wir jede Woche in einer Konditorei, die Cupcakes herstellt. Dafür werden auf die unteren Teile von Muffins Häubchen aus Sahne oder Baiser gesetzt. Die Oberseiten der Muffins, die „Muffinköpfe“, werden dafür abgesäbelt und würden normalerweise weggeworfen. Dabei sind sie natürlich genauso lecker wir der Rest des Muffins und möchten gegessen werden. Kommt also in die Venloer 414 und holt euch welche! 🙂
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